Wer­den For­de­run­gen bestrit­ten, kann eine voll­stän­di­ge Wert­be­rich­ti­gung gerecht­fer­tigt sein, selbst wenn bei dem Kun­den for­mell kein Insol­venz­ver­fah­ren vorliegt.

Pra­xis-Bei­spiel:
Die Klä­ge­rin hat­te strit­ti­ge For­de­run­gen gegen­über einem Kun­den voll­stän­dig in ihrer Steu­er­bi­lanz abge­schrie­ben. Der Streit­punkt war, ob die For­de­run­gen finan­zi­ell gesi­chert waren und damit als Aktiv­pos­ten in der Bilanz hät­ten aus­ge­wie­sen wer­den müs­sen oder ob sie auf­grund des Ein­brin­gungs­ri­si­kos voll­stän­dig abge­schrie­ben wer­den durf­ten. Das Gericht kam zu dem Ergeb­nis, dass die For­de­rung nicht mehr die Vor­aus­set­zun­gen für einen Bilanz­an­satz erfüll­te, da sie vom Schuld­ner voll­stän­dig bestrit­ten und recht­lich unsi­cher war.

Das Finanz­ge­richt ent­schied, dass für die steu­er­li­che Bilan­zie­rung das Rea­li­sa­ti­ons­prin­zip und das Vor­sichts­prin­zip maß­geb­lich sind. Wird eine For­de­rung bestrit­ten, sodass nicht mit einer siche­ren Rea­li­sie­rung gerech­net wer­den kann, stellt die­se kei­nen tat­säch­li­chen Ver­mö­gens­wert mehr dar und darf daher nicht in der Bilanz aus­ge­wie­sen wer­den. Das Finanz­ge­richt weist dar­auf hin, dass die­ses Urteil im Ein­klang mit der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs steht. 

Auf­grund der bestehen­den Unsi­cher­hei­ten muss die For­de­rung als wert­los ange­se­hen wer­den. Der Net­to-Wert wur­de daher zu Recht auf Null abge­schrie­ben. Die­se Abschrei­bung auf Null führt dem­entspre­chend zu einer Sen­kung des steu­er­pflich­ti­gen Gewinns. Von Bedeu­tung ist, dass die For­de­run­gen bestrit­ten und dies umfas­send doku­men­tiert wur­de. Aus­schlag­ge­bend war also die Tat­sa­che, dass der Kun­de die Zah­lung ver­wei­ger­te und die For­de­rung aus­drück­lich bestrit­ten hat. Ande­re Fak­to­ren wie die finan­zi­el­le Lage des Kun­den stärk­ten die­se Schluss­fol­ge­rung zusätzlich.

Fazit: Die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts zeigt, dass in Fäl­len, in denen For­de­run­gen bestrit­ten wer­den, eine voll­stän­di­ge Wert­be­rich­ti­gung gerecht­fer­tigt sein kann, selbst wenn for­mell kein Insol­venz­ver­fah­ren vorliegt.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Müns­ter, K 2394/20 E,G | 22-05-2025