Ein für Zwe­cke der Schen­kungs­steu­er fest­ge­stell­ter Grund­be­sitz­wert ist für alle Schen­kungs­steu­er­be­schei­de bin­dend, bei denen er in die steu­er­li­che Bemes­sungs­grund­la­ge ein­fließt. Das gilt auch für die Berück­sich­ti­gung eines frü­he­ren Erwerbs bei einem soge­nann­ten Nach­er­werb, d.h. bei einer Schen­kung, die inner­halb von zehn Jah­ren nach der ers­ten Schen­kung erfolgt.

Pra­xis-Bei­spiel:
Der Klä­ger hat­te im Jahr 2012 von sei­nem Vater einen Mit­ei­gen­tums­an­teil an einem unbe­bau­ten Grund­stück geschenkt bekom­men. Das Finanz­amt hat­te den Grund­be­sitz­wert fest­ge­stellt und der Besteue­rung zugrun­de gelegt. Sei­ner­zeit muss­te der Klä­ger kei­ne Schen­kung­steu­er bezah­len, weil der Grund­stücks­wert mit knapp 90.000 € unter dem gesetz­li­chen Frei­be­trag für Kin­der in Höhe von 400.000 € lag. Im Jahr 2017 bekam der Klä­ger von sei­nem Vater 400.000 € geschenkt. Da meh­re­re Erwer­be von der­sel­ben Per­son inner­halb von 10 Jah­ren zusam­men­zu­rech­nen sind, ermit­tel­te das Finanz­amt einen Gesamt­be­trag für bei­de Schen­kun­gen und setz­te Schen­kung­steu­er von rund 10.000 € fest. Dabei berück­sich­tig­te es den Grund­be­sitz­wert in der Höhe, in der er im Zusam­men­hang mit der Schen­kung im Jahr 2012 fest­ge­stellt wor­den war. 
Der Klä­ger mach­te gel­tend, dass der damals fest­ge­stell­te Wert zu hoch sei und nun­mehr nach unten kor­ri­giert wer­den müs­se. Bei der Schen­kung im Jahr 2012 habe er sich nur des­halb nicht gegen den fal­schen Grund­stücks­wert gewen­det, weil die Schen­kung­steu­er ohne­hin mit 0 € fest­ge­setzt wor­den sei.

Der BFH hat ent­schie­den, dass Grund­stücks­wer­te (im Gegen­satz zu Wer­ten sons­ti­ger Schen­kungs­ge­gen­stän­de wie bei­spiels­wei­se Geld) für Zwe­cke der Schen­kung­steu­er in einem eige­nen Ver­fah­ren geson­dert fest­zu­stel­len sind. Der fest­ge­stell­te Grund­stücks­wert sei dann nicht nur der Fest­set­zung der Schen­kung­steu­er zu Grun­de zu legen, für die er ange­for­dert wor­den sei, son­dern auch nach­fol­gen­den Fest­set­zun­gen der Schen­kung­steu­er inner­halb eines Zeit­raums von zehn Jah­ren, die mit der Grund­stücks­schen­kung zusam­men­zu­rech­nen sind. Falls der Steu­er­pflich­ti­ge den fest­ge­stell­ten Grund­stücks­wert für zu hoch hal­te, hät­te er sich sogleich gegen die Fest­stel­lung wen­den müs­sen. Unter­lässt er dies und wird der Bescheid über den fest­ge­stell­ten Wert bestands­kräf­tig, kann er die Unrich­tig­keit bei den nach­fol­gen­den Fest­set­zun­gen der Schen­kung­steu­er nicht mehr mit Erfolg gel­tend machen.

Fazit: Auch wenn zunächst kei­ne Schen­kung­steu­er anfällt, soll­te trotz­dem geprüft wer­den, ob der Wert zutref­fend ist, den das Finanz­amt ange­setzt hat. Ist der Wert zu hoch, soll­te unbe­dingt sofort Ein­spruch ein­ge­legt wer­den, um mög­li­cher­wei­se spä­ter ein­tre­ten­de Nach­tei­le auszuschließen.

Quelle:BFH | Urteil | II R 35/21 | 25-07-2023