Das Ableis­ten eines Frei­wil­li­gen Wehr­diens­tes bei einem voll­jäh­ri­gen Kind kann für sich genom­men kei­nen Kin­der­geld­an­spruch begrün­den. Gleich­wohl kann aber auch wäh­rend der Zeit des frei­wil­li­gen Wehr­diens­tes ein Anspruch auf Kin­der­geld bestehen, wenn das Kind einen Kin­der­geld-Tat­be­stand erfüllt, der im Gesetz genannt ist, z. B. wenn das Kind wäh­rend des Wehr­diens­tes für einen Beruf aus­ge­bil­det wird oder eine Berufs­aus­bil­dung man­gels Aus­bil­dungs­plat­zes nicht begin­nen oder fort­ge­setzt wer­den kann. Dabei ist es unschäd­lich, wenn das Kind nach Abschluss der Grund­aus­bil­dung im Rah­men des Frei­wil­li­gen Wehr­diens­tes Dienst in einem Mann­schafts­dienst­grad ausübt.

Pra­xis-Bei­spiel:
Der Sohn des Klä­gers absol­vier­te nach sei­nem Abitur einen zehn Mona­te dau­ern­den Frei­wil­li­gen Wehr­dienst. Die Fami­li­en­kas­se bewil­lig­te dem Klä­ger für die Über­gangs­zeit zwi­schen Abitur und Grund­aus­bil­dung sowie für die Zeit der Grund­aus­bil­dung Kin­der­geld. Nach der Been­di­gung der Grund­aus­bil­dung ver­rich­te­te er Dienst in einem Mann­schafts­dienst­grad. Eine wei­te­re Aus­bil­dung bei der Bun­des­wehr fand nicht statt. Nach dem Ende des Frei­wil­li­gen Wehr­diens­tes stu­dier­te der Sohn an einer zivi­len Hoch­schu­le. Den Ent­schluss dazu hat­te er wäh­rend des Frei­wil­li­gen Wehr­diens­tes gefasst.
Die Fami­li­en­kas­se und auch das Finanz­ge­richt lehn­ten für die Zeit nach Been­di­gung der Grund­aus­bil­dung bis zum Beginn des Stu­di­ums die Fest­set­zung von Kin­der­geld ab. Grund: Der frei­wil­li­ge Wehr­dienst gehö­re (anders als ein frei­wil­li­ges sozia­les oder öko­lo­gi­sches Jahr) nicht zu den Tat­be­stän­den, die für sich genom­men einen Kin­der­geld­an­spruch für ein voll­jäh­ri­ges Kind begrün­den können.

Die Revi­si­on des Klä­gers war den­noch über­wie­gend erfolg­reich. Der BFH ent­schied, dass auch nach dem Ende der Grund­aus­bil­dung und trotz einer Erwerbs­tä­tig­keit des Kin­des als Sol­dat mit einer regel­mä­ßi­gen wöchent­li­chen Arbeits­zeit von mehr als 20 Stun­den ein Kin­der­geld­an­spruch bestehen kann, wenn das Kind (wie hier) eine Berufs­aus­bil­dung man­gels Aus­bil­dungs­platz nicht begin­nen oder fort­set­zen kann. Die drei Mona­te dau­ern­de Grund­aus­bil­dung sei zwar Teil einer Aus­bil­dung zum Offi­zier oder Unter­of­fi­zier. Ihre Been­di­gung führt jedoch nicht zu einem schäd­li­chen Abschluss einer erst­ma­li­gen Berufs­aus­bil­dung im Sin­ne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, der einen wei­te­ren Kin­der­geld­be­zug ausschließt.

Kon­se­quenz: Der BFH wies die Revi­si­on des Klä­gers nur für einen Monat zurück, weil der Ent­schluss des Soh­nes, sich um einen Stu­di­en­platz zu bemü­hen, erst im Fol­ge­mo­nat erfolgt ist. Allein die Aus­sa­ge des Kin­der­geld­be­rech­tig­ten und des Kin­des, den Ent­schluss zu einer Aus­bil­dung oder zu einem Stu­di­um frü­her gefasst zu haben, reicht nicht aus.

Quelle:BFH | Urteil | III R 43/22 | 19-02-2025