Das Finanz­ge­richt Müns­ter hat ent­schie­den, dass die vom Steu­er­pflich­ti­gen vor­ge­schla­ge­ne kür­ze­re Rest­nut­zungs­dau­er eines ver­mie­te­ten Gebäu­des aus­rei­chend nach­ge­wie­sen wur­de und für die Berech­nung der Abschrei­bun­gen (AfA) her­an­ge­zo­gen wer­den darf. Der wesent­li­che Streit­punkt war, ob das vom Steu­er­pflich­ti­gen vor­ge­leg­te Gut­ach­ten, das eine Rest­nut­zungs­dau­er von 23 Jah­ren fest­leg­te, die Anfor­de­run­gen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG erfüllte.

Pra­xis-Bei­spiel: 
Der Klä­ger hat das Gut­ach­ten eines Sach­ver­stän­di­gen vor­ge­legt, das für das erwor­be­ne Objekt eine Rest­nut­zungs­dau­er von 23 Jah­ren fest­leg­te. Das Finanz­amt hat das Gut­ach­ten nicht aner­kannt und die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Anfor­de­run­gen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Das Finanz­amt hat außer­dem bestrit­ten, dass der Gut­ach­ter aus­rei­chend qua­li­fi­ziert sei.

Das Finanz­ge­richt hin­ge­gen stell­te fest, dass das Gut­ach­ten metho­disch kor­rekt war und – unge­ach­tet der Ein­wän­de des Finanz­amts – den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen ent­sprach. Die Anfor­de­run­gen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG sind damit erfüllt. Ins­be­son­de­re wur­de die Ver­wen­dung des Modells der Immo­WertV (Immo­bi­li­en­wert­ermitt­lungs­ver­ord­nung) als aner­kann­te Metho­de zur wirt­schaft­li­chen Bestim­mung der Rest­nut­zungs­dau­er aner­kannt. Das Gericht beton­te, dass weder das Gesetz noch die Recht­spre­chung vor­schreibt, dass sol­che Schät­zun­gen nur auf bestimm­te tech­ni­sche oder recht­li­che Metho­den beschränkt sein müs­sen, solan­ge die indi­vi­du­el­len Gege­ben­hei­ten des Objekts berück­sich­tigt wer­den. Eine spe­zi­fi­sche Akkre­di­tie­rung des Sach­ver­stän­di­gen nach inter­na­tio­na­len Nor­men ist eben­falls nicht erfor­der­lich, solan­ge des­sen Qua­li­fi­ka­tio­nen als ange­mes­sen beur­teilt wer­den. Die Berück­sich­ti­gung von Moder­ni­sie­rungs­maß­nah­men sowie die nach­träg­li­che Orts­be­sich­ti­gung des Objekts durch den Sach­ver­stän­di­gen tru­gen zusätz­lich zur Akzep­tanz der Gut­ach­tens­er­geb­nis­se bei.

Das Finanz­amt konn­te somit nicht erfolg­reich argu­men­tie­ren, dass die stan­dard­mä­ßi­ge Nut­zungs­dau­er von 50 Jah­ren anzu­wen­den sei. Das Gericht akzep­tier­te die Metho­de und die Begrün­dung für die kür­ze­re Rest­nut­zungs­dau­er, was zu einer höhe­ren jähr­li­chen Abschrei­bung und einer Redu­zie­rung der Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zuguns­ten des Steu­er­pflich­ti­gen führte. 

Fazit: Die­ses Urteil steht im Ein­klang mit frü­he­ren Ent­schei­dun­gen des BFH und gibt Steu­er­pflich­ti­gen Klar­heit über die Anfor­de­run­gen an den Nach­weis indi­vi­du­el­ler Restnutzungsdauern.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Müns­ter, 14 K 654/23 E | 01-04-2025