Das Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf hat ent­schie­den, dass ein Arbeit­neh­mer, der als Leih­ar­beit­neh­mer tem­po­rär bei einem Kun­den tätig wird, dort kei­ne „ers­te Tätig­keits­stät­te“ im Sin­ne des § 9 Abs. 4 EStG hat.

Pra­xis-Bei­spiel:
Der Klä­ger war seit dem 16.8.2021 als Mit­ar­bei­ter einer Fir­ma tätig. Ver­trag­lich war bestimmt, dass er in der Nie­der­las­sung der Fir­ma ein­ge­stellt wird. Der Sitz die­ser Nie­der­las­sung gilt als ers­te Tätig­keits­stät­te, sodass ein Fahrt­kos­ten­er­satz nur in Betracht kommt, wenn die Auf­wen­dun­gen für die Fahrt zwi­schen Wohn­ort und Nie­der­las­sung dar­über hin­aus­ge­hen. Es war ver­ein­bart, dass die Fir­ma als Per­so­nal­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men sei­ne Mit­ar­bei­ter an wech­seln­den Ein­satz­stel­len bei Kun­den­be­trie­ben ein­setzt. Der Mit­ar­bei­ter erklär­te sich damit einverstanden. 

Der Arbeits­ver­trag wur­de „unbe­fris­tet abge­schlos­sen“. Ein­satz­ort des Klä­gers als Test­ko­or­di­na­tor wur­de ab 16.8.2021 ein Betrieb in Bay­ern, wobei die geplan­te Dau­er des Ein­sat­zes mit „Ende offen“ bestimmt war. Mit wei­te­rer Ein­satz­ein­wei­sung vom 2.5.2022 wur­de die unmit­tel­ba­re Fort­set­zung des Ein­sat­zes in dem Betrieb in Bay­ern, wie­der mit „Ende offen“ bestimmt. Nach einer Beschei­ni­gung des Arbeit­ge­bers vom 11.9.2023 stand der Klä­ger bis zum 3.2.2023 bei dem Kun­den in Bay­ern im Ein­satz. Vom 4.2.2023 bis 29.5.2023 war er pro­jekt­los und seit dem 30.5.2023 wie­der bei dem­sel­ben Kun­den in Bay­ern eingesetzt.

Mit Bescheid vom 7.7.2023 zur Ein­kom­men­steu­er 2022 berück­sich­tig­te das Finanz­amt als Fahrt­kos­ten des Klä­gers die Ent­fer­nungs­pau­scha­le von 0,30 € an 194 Tagen für 7 km, d.h. der Ent­fer­nung zwi­schen der Zweit­woh­nung des Klä­gers und dem Sitz des Ent­lei­hers in Bay­ern. Zusätz­lich erkann­te es die erklär­ten Mehr­auf­wen­dun­gen für eine dop­pel­te Haus­halts­füh­rung an.

Das Finanz­ge­richt ent­schied, dass eine Abrech­nung nach Rei­se­kos­ten­grund­sät­zen vor­zu­neh­men ist. Gemäß § 1 Abs. 1b Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz (AÜG) muss der Arbeits­ver­trag und die maxi­ma­le Über­las­sungs­dau­er eine zeit­li­che Begren­zung für die Zuord­nung zu einer bestimm­ten Tätig­keits­stät­te vor­se­hen. Dadurch greift die Stan­dard­re­ge­lung für den Abzug von Fahrt­kos­ten über die „Ent­fer­nungs­pau­scha­le“ nicht, sodass der Arbeit­neh­mer sei­ne Rei­se­kos­ten nach den vor­teil­haf­te­ren „Rei­se­kos­ten­grund­sät­zen“ abset­zen kann. Somit ist die Pau­scha­le von 0,30 € nicht nur für die Ent­fer­nungs­ki­lo­me­ter, son­dern für die gefah­re­nen Kilo­me­ter abzugsfähig.

Das Finanz­ge­richt führt aus, dass die Rege­lung des Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz (AÜG), die eine maxi­ma­le Über­las­sungs­dau­er vor­schreibt, auch für die steu­er­li­che Beur­tei­lung rele­vant sein muss. Die frü­he­re abwei­chen­de Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung ist nicht mehr rele­vant. Hin­ter­grund hier­für ist, dass sich ein Arbeit­neh­mer auf­grund die­ser gesetz­li­chen Begren­zung nicht dau­er­haft oder lang­fris­tig auf eine bestimm­te Tätig­keits­stät­te ein­stel­len kann und somit auch sei­ne Fahrt­kos­ten nicht ent­spre­chend ver­min­dern oder opti­mie­ren kann. Zudem wird in dem Urteil auf den Unter­schied zwi­schen der 18-mona­ti­gen Begren­zung im AÜG und dem Zeit­raum von 48 Mona­ten, wie er in der steu­er­li­chen Rege­lung für eine dau­er­haf­te Zuord­nung her­an­ge­zo­gen wird, hingewiesen.

Fazit: Das Finanz­ge­richt sieht eine Wech­sel­wir­kung zwi­schen arbeits­recht­li­chen und steu­er­recht­li­chen Rege­lun­gen. Es wirft jedoch auch wesent­li­che Fra­gen zur Abstim­mung die­ser Vor­schrif­ten auf, was die Zulas­sung einer mög­li­chen Revi­si­on durch den Bun­des­fi­nanz­hof recht­fer­tigt. Es ist ein rele­van­ter Beschluss für Arbeit­neh­mer in ähn­li­chen Überlassungssituationen.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Düs­sel­dorf | 19-11-2024