Eine Dis­ko­thek ist kein Restau­rant. Daher kann bei der Schät­zung der Geträn­keum­sät­ze einer Dis­ko­thek auch nicht auf die Roh­ge­winn­auf­schlag­sät­ze der amt­li­chen Richt­satz­samm­lung für Gas­tro­no­mie­be­trie­be zurück­ge­grif­fen werden.

Pra­xis-Bei­spiel:
Der Klä­ger betrieb eine Dis­ko­thek. Sei­nen Gewinn ermit­tel­te er durch Betriebs­ver­mö­gens­ver­gleich. Im Rah­men einer Außen­prü­fung bean­stan­de­te das Finanz­amt die Kas­sen- und Buch­füh­rung als for­mell ord­nungs­wid­rig. Die Dis­ko­thek war mit bis zu fünf offe­nen Laden­kas­sen betrie­ben wor­den, deren Tages­ge­samt­ein­nah­men auf Zet­teln erfasst und an die Buch­hal­tung über­ge­ben wor­den waren. Kas­sen­ein­zel­auf­zeich­nun­gen hat­te der Klä­ger nicht vor­le­gen kön­nen. Aus die­sem Grund ver­prob­te der Prü­fer die Geträn­keum­sät­ze. Dazu erfass­te er die gebuch­ten Ein­gangs­rech­nun­gen. Auf die­ser Grund­la­ge ermit­tel­te der Betriebs­prü­fer mit Hil­fe der Geträn­ke­kar­te des Klä­gers die mög­li­chen Geträn­ke­er­lö­se und ver­glich die­se mit den tat­säch­lich gebuch­ten Erlö­sen. Der Prü­fer kam zu dem Ergeb­nis, dass der Klä­ger einen höhe­ren Net­to-Umsatz hät­te erzie­len kön­nen. Erklärt wor­den war aber nur ein Net­to-Umsatz von 42,61% des nach Ansicht des Prü­fers mög­li­chen Umsat­zes. Der Prü­fer schätz­te die Umsät­ze mit einem Roh­ge­winn­auf­schlag­satz von 554,80%.

Der BFH hat ent­schie­den, dass die Kas­sen für die Geträn­keum­sät­ze nicht ord­nungs­ge­mäß geführt wor­den waren. Über den ent­schie­de­nen Fall hin­aus ist Fol­gen­des inter­es­sant: Der BFH legt dar, dass sich der inne­re Betriebs­ver­gleich, der an die Daten und Ver­hält­nis­se des geprüf­ten Betriebs selbst anknüpft, im Ver­hält­nis zum äuße­ren Betriebs­ver­gleich, der sich auf sta­tis­ti­sche Durch­schnitts­wer­te der betref­fen­den Bran­chen stützt, grund­sätz­lich als die zuver­läs­si­ge­re Schät­zungs­me­tho­de anzu­se­hen ist.

Der BFH hat sich mit den Min­dest­an­for­de­run­gen befasst, die Daten­samm­lun­gen oder Daten­ban­ken der Finanz­ver­wal­tung erfül­len müs­sen, wenn sie in einem Gerichts­ver­fah­ren berück­sich­tigt wer­den sol­len. Der BFH hat erheb­li­che Zwei­fel dar­an geäu­ßert, dass sich die amt­li­che Richt­satz­samm­lung des BMF in ihrer bis­he­ri­gen Form als Grund­la­ge für eine Schät­zung eig­net. Begrün­det wird dies mit der feh­len­den sta­tis­ti­schen Reprä­sen­ta­ti­vi­tät der zur Ermitt­lung der Richt­sät­ze her­an­ge­zo­ge­nen Daten einer­seits und dem kate­go­ri­schen Aus­schluss bestimm­ter Grup­pen von Betrie­ben bei der Ermitt­lung der Richt­satz­wer­te andererseits.

Fazit: Da der BFH erheb­li­che Zwei­fel dar­an geäu­ßert hat, dass sich die amt­li­che Richt­satz­samm­lung der Finanz­ver­wal­tung in ihrer bis­he­ri­gen Form als Grund­la­ge für eine Schät­zung eig­net, wird die Finanz­ver­wal­tung ihr Ver­fah­ren umstel­len müs­sen. Das betrifft sowohl die Prü­fung von soge­nann­ten „Richt­satz­be­trie­ben“ als auch die Fra­ge, inwie­weit die­se Ergeb­nis­se auf ande­re (teil­wei­se ähn­li­che) Betrie­be über­tra­gen wer­den können.

Quelle:BFH | Urteil | X R 19/21 | 17-06-2025