Auf­wen­dun­gen für eine ope­ra­ti­ve Fett­ab­sau­gung (= Lipo­suk­ti­on) zur Behand­lung eines Lipö­dems sind regel­mä­ßig ohne Vor­la­ge eines vor den Ope­ra­tio­nen erstell­ten amts­ärzt­li­chen Gut­ach­tens oder einer ärzt­li­chen Beschei­ni­gung eines Medi­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung zu berücksichtigen.

Pra­xis-Bei­spiel:
Die Klä­ge­rin litt seit Jah­ren an einem Lipö­dem (krank­haf­te Fett­ver­tei­lungs­stö­rung). Da kon­ser­va­ti­ve Behand­lun­gen kei­ne Bes­se­rung bewirk­ten, unter­zog sie sich auf Anra­ten des behan­deln­den Arz­tes einer Lipo­suk­ti­on. Die Kran­ken­kas­se über­nahm die Kos­ten der Ope­ra­ti­on nicht, da der Gemein­sa­me Bun­des­aus­schuss der Kran­ken­kas­sen (trotz jah­re­lan­ger Prü­fung) immer noch kei­ne ent­spre­chen­de Kos­ten­über­nah­me­emp­feh­lung aus­ge­spro­chen hat­te. Die Klä­ge­rin mach­te den Auf­wand als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung gel­tend. Das Finanz­amt lehn­te dies ab, weil es sich nicht um eine wis­sen­schaft­lich aner­kann­te Behand­lungs­me­tho­de han­de­le und ein vor Behand­lungs­be­ginn aus­ge­stell­tes Gut­ach­ten bzw. eine ärzt­li­che Beschei­ni­gung des Medi­zi­ni­schen Diens­tes nicht vorlagen.

Der Argu­men­ta­ti­on, die Lipo­suk­ti­on sei eine wis­sen­schaft­lich nicht aner­kann­te Behand­lungs­me­tho­de, schloss sich das Finanz­ge­richt nach umfang­rei­cher Aus­wer­tung ent­spre­chen­der medi­zi­ni­scher Fach­bei­trä­ge nicht an und gab der Kla­ge statt.

Der BFH bestä­tig­te nun­mehr die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts. Inzwi­schen (jeden­falls ab 2016) besteht über die Wirk­sam­keit und Zweck­mä­ßig­keit der Lipo­suk­ti­on bei einem Lipö­dem unter den Medi­zi­nern kein nen­nens­wer­ter Streit mehr. Zudem nen­ne das Gesetz als wis­sen­schaft­lich nicht aner­kann­te Behand­lungs­me­tho­den bei­spiel­haft die Frisch- und Tro­cken­zel­len­be­hand­lung sowie die Sau­er­stoff-, Che­lat- und Eigen­blut­the­ra­pie. Damit ist die Lipo­suk­ti­on zur Behand­lung eines Lipö­dems nicht ver­gleich­bar. Die feh­len­de Ein­be­zie­hung der Lipo­suk­ti­on in das Leis­tungs­ver­zeich­nis der Kran­ken­kas­sen durch den Gemein­sa­men Bun­des­aus­schuss der Kran­ken­kas­sen sei uner­heb­lich, weil die bei der Klä­ge­rin durch­ge­führ­te Lipo­suk­ti­on nicht kos­me­ti­schen Zwe­cken gedient habe. Sie sei viel­mehr medi­zi­nisch indi­ziert gewe­sen, sodass die Kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung anzu­er­ken­nen sei­en. Eben­so wie bei ande­ren Krank­heits­auf­wen­dun­gen ist kei­ne Vor­la­ge eines amts­ärzt­li­chen Gut­ach­tens oder einer ärzt­li­chen Beschei­ni­gung eines Medi­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung erfor­der­lich, das vor der Behand­lung aus­ge­stellt wurde.

Quelle:BFH | Urteil | VI R 39/20 | 22-03-2023