Schei­det durch höhe­re Gewalt oder auf­grund (bzw. zur Ver­mei­dung) eines behörd­li­chen Ein­griffs ein Wirt­schafts­gut aus dem Anla­ge- oder Betriebs­ver­mö­gen aus, so wer­den stil­le Reser­ven auf­ge­löst, wenn die Leis­tun­gen der Ver­si­che­rung höher sind als der Buch­wert des Wirtschaftsguts.

Die gewin­n­er­hö­hen­de Auf­de­ckung stil­ler Reser­ven und somit eine Gewin­n­er­hö­hung kann ver­mie­den wer­den, wenn der Unter­neh­mer ein Ersatz­wirt­schafts­gut erwirbt. Der Buch­wert ist gewinn­min­dernd aus­zu­bu­chen. Erstat­tun­gen einer Ver­si­che­rung wer­den auf das Kon­to "Ver­si­che­rungs­ent­schä­di­gun­gen und Scha­den­er­satz­leis­tun­gen" gebucht. Steu­er­lich gibt es unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen die Mög­lich­kei­ten, die stil­len Reser­ven auf die Anschaf­fungs­kos­ten eines Ersatz­wirt­schafts­guts zu über­tra­gen, um die Auf­de­ckung und damit die Ver­steue­rung der stil­len Reser­ven zu ver­mei­den. Erfolgt die Anschaf­fung des Ersatz­wirt­schafts­guts nicht im sel­ben Jahr, kann der Unter­neh­mer eine steu­er­freie Rück­la­ge bilden.

Pra­xis-Bei­spiel:
Durch ein Hoch­was­ser sind Büro­ma­schi­nen eines Unter­neh­mers so beschä­digt wor­den, dass eine Repa­ra­tur nicht mehr mög­lich ist. Der Unter­neh­mer hat neue Gerä­te für 20.000 € zuzüg­lich 3.800 € Umsatz­steu­er gekauft. Die Büro­ma­schi­nen hat­ten noch einen Buch­wert von 6.000 €. Die Ver­si­che­rung hat einen Betrag von 10.000 € erstat­tet. Die stil­len Reser­ven, die durch die Zah­lung der Ver­si­che­rung auf­ge­deckt wur­den, kön­nen steu­er­lich auf die Anschaf­fungs­kos­ten der neu­en Büro­ma­schi­nen über­tra­gen wer­den. Die Abwick­lung sieht wie folgt aus:

Buch­wert der Büromaschinen 6.000 €
Erstat­tung der Versicherung 10.000 €
auf­ge­deck­te stil­le Reserven 4.000 €
Anschaf­fung neu­er Büromaschinen 20.000 €
abzüg­lich stil­ler Reserven 4.000 €
Bemes­sungs­grund­la­ge für die Abschreibung
der neu­en Büromaschinen =
16.000 €

Wenn die Erstat­tung vor der Anschaf­fung des Ersatz­wirt­schafts­guts erfolgt, darf in Höhe der auf­ge­deck­ten stil­len Reser­ven eine steu­er­freie Rück­la­ge für Ersatz­be­schaf­fung gebil­det wer­den, wenn zu die­sem Zeit­punkt eine Ersatz­be­schaf­fung ernst­lich geplant und zu erwar­ten ist. Das gilt unab­hän­gig von der Art der Gewinn­ermitt­lung (Bilan­zie­rung und Ein­nah­men-Über­schuss-Rech­nung). Die Rück­la­ge für Ersatz­be­schaf­fung kann auch fort­ge­führt wer­den, wenn der Unter­neh­mer sei­ne Gewinn­ermitt­lungs­art wech­selt. Die Nach­ho­lung der Rück­la­ge für Ersatz­be­schaf­fung in einem spä­te­ren Wirt­schafts­jahr ist nicht zuläs­sig. Jedoch besteht auch die Mög­lich­keit, die stil­len Reser­ven in eine Rück­la­ge ein­zu­stel­len, damit eine zukünf­ti­ge Ersatz­be­schaf­fung begüns­tigt wird.

Vor­aus­set­zun­gen: Ver­kauft oder ent­nimmt der Unter­neh­mer ein Wirt­schafts­gut sei­nes Anla­ge­ver­mö­gens, muss er grund­sätz­lich die dabei auf­ge­deck­ten stil­len Reser­ven ver­steu­ern. Schei­det das abnutz­ba­re Wirt­schafts­gut des Anla­ge­ver­mö­gens aber infol­ge höhe­rer Gewalt oder zur Ver­mei­dung eines behörd­li­chen Ein­griffs aus dem Betriebs­ver­mö­gen aus, brau­chen die auf­ge­deck­ten stil­len Reser­ven nicht sofort ver­steu­ert zu wer­den. Es kommt zu einer zeit­li­chen Stre­ckung der Versteuerung.

Vor­aus­set­zung ist, dass

  • ein Wirt­schafts­gut des Betriebs­ver­mö­gens (Anla­ge- oder Umlauf­ver­mö­gen) durch höhe­re Gewalt oder durch behörd­li­chen Ein­griff (oder zur Ver­mei­dung eines sol­chen Ein­griffs) gegen Ent­schä­di­gung aus dem Betriebs­ver­mö­gen aus­schei­det und
  • ein funk­ti­ons­glei­ches Ersatz­wirt­schafts­gut inner­halb einer bestimm­ten Frist ange­schafft wird und
  • das Wirt­schafts­gut wegen der Abwei­chung von der Han­dels­bi­lanz in ein beson­de­res lau­fend zu füh­ren­des Ver­zeich­nis auf­ge­nom­men wird.

Wer­den beim unfrei­wil­li­gen Aus­schei­den stil­le Reser­ven auf­ge­deckt, kön­nen die­se steu­er­lich auf ein Ersatz­wirt­schafts­gut über­tra­gen wer­den. Höhe­re Gewalt liegt vor, wenn das Wirt­schafts­gut infol­ge von Ele­men­tar­ereig­nis­sen aus dem Betriebs­ver­mö­gen aus­schei­det, zum Bei­spiel auf­grund von Brand, Sturm, Hagel­schlag, Explo­si­on, Erd­be­ben oder Über­schwem­mung. Von höhe­rer Gewalt ist auch bei ande­ren unab­wend­ba­ren Ereig­nis­sen, wie z. B. bei Dieb­stahl oder einem unver­schul­de­ten Unfall aus­zu­ge­hen. Fäl­le eines behörd­li­chen Ein­griffs sind z. B. Maß­nah­men zur Ent­eig­nung oder Inan­spruch­nah­me für Ver­tei­di­gungs­zwe­cke. Außer­dem ist von höhe­rer Gewalt aus­zu­ge­hen, wenn kur­ze Zeit nach Fer­tig­stel­lung eines Gebäu­des die­ses auf­grund erheb­li­cher Bau­män­gel wie­der abge­ris­sen wer­den muss.

Das Ersatz­wirt­schafts­gut muss nicht nur funk­ti­ons­gleich mit dem aus­ge­schie­de­nen Wirt­schafts­gut sein, son­dern auch tat­säch­lich funk­ti­ons­gleich genutzt wer­den. Das Wirt­schafts­gut muss in dem­sel­ben Betrieb ange­schafft wer­den, aus dem das ande­re Wirt­schafts­gut aus­ge­schie­den ist. Das gilt nur dann nicht, wenn durch die Ent­eig­nung oder höhe­re Gewalt eine Zwangs­la­ge ent­stan­den ist, die den Fort­be­stand des bis­he­ri­gen Betriebs selbst gefähr­det oder beeinträchtigt.

Da eine Über­tra­gung auf die Anschaf­fungs­kos­ten in der Han­dels­bi­lanz nicht mög­lich ist, sind die Anschaf­fungs­kos­ten in Han­dels- und Steu­er­bi­lanz mit unter­schied­li­chen Beträ­gen aus­zu­wei­sen. Das bedeu­tet, dass die­se auch über die Nut­zungs­dau­er unter­schied­lich hoch ausfällt.

Quelle:Einkommensteuer-Richtlinie | Gesetz­li­che Rege­lung | R 6.6. | 11-09-2025